Etwa 12.000 Menschen in Deutschland warten auf ein neues Herz, eine neue Niere, Leber, Lunge oder Bauchspeicheldrüse. Nur ein Viertel von ihnen aber hat Glück und bekommt ein neues Organ, bevor das alte versagt. Dabei haben Umfragen ergeben, dass drei von vier Deutschen ihre Organe nach ihrem Tod zur Transplantation frei geben würden – würde man sie danach fragen.

Den für eine Spende nötigen Organspendeausweis haben aber nur 25 Prozent der Bundesbürger. Die Politik ringt um eine praktikable und ethisch vertretbare Lösung des Problems.

Da das Thema der postmortalen Organentnahme in den sensibelsten Bereich einer Person fällt, fällt dieses Ringen recht zäh aus. Experten aller Couleur versuchen, sich über die Grenzen der staatlichen Befugnisse zu einigen – mit mäßigem Erfolg. Auf einer Konferenz in Frankfurt letzte Woche haben sich nun aber immerhin die Gesundheitsminister der Länder für eine Änderung der momentanen Praxis ausgesprochen. Die bisher in Deutschland geltende, sogenannte Zustimmungslösung soll durch eine Entscheidungslösung ersetzt werden.

Die Zustimmungslösung besagt, dass nur demjenigen Organe entnommen werden dürfen, der der Entnahme vor seinem Tod ausdrücklich zugestimmt hat. Dazu genügt ein Organspendeausweis, der einfach ausgefüllt und bei sich getragen wird. Hat sich der Betroffene zum Thema nicht geäußert, entscheiden die Angehörigen.

Diese Regelung soll nun durch die so genannte Entscheidungslösung abgelöst werden: Jeder Mensch muss einmal im Leben auf seine Bereitschaft zur Organspende hin befragt werden und sich entscheiden, ob er Spender sein möchte oder nicht. Der Entscheidung kann natürlich später jederzeit widersprochen werden. Die Befürworter dieser Regelung erhoffen sich davon einen starken Zuwachs in der Spenderkartei: Sollte die Statistik stimmen, wären es dann 75 statt nur 25 Prozent der Bevölkerung, die sich zu der lebensrettenden Maßnahme bereit erklären würden – und damit eine dreimal so hohe Chance für Patienten, ein neues Organ zu erhalten.

Eine noch höhere Quote an Spendern könnte sicherlich durch die dritte Möglichkeit, die sogenannte Widerspruchslösung, erzielt werden: Jeder der zu Lebzeiten der postmortalen Organentnahme nicht ausdrücklich widersprochen hat, wird nach seinem Tod automatisch zum Spender. Hessen, Bayern und Sachsen-Anhalt plädieren für diese Variante, sie ist jedoch als Konsens eher unwahrscheinlich.

Drei Menschen sterben in Deutschland täglich, weil kein geeigneter Spender gefunden werden könnte. Die Wartezeiten auf ein neues Organ betragen durchschnittlich in etwa fünf Jahre. Es erscheint beinahe zynisch, wenn man bedenkt, wie viele Menschen zu einer Spende bereit wären, die nur deshalb nicht stattfinden kann, weil sie nie daran gedacht haben, sich zu diesem Thema zu äußern – und wer befasst sich schon gerne damit, dass er als Spender infrage kommen könnte? Trotzdem müssen die Persönlichkeitsrechte, rein schon der Verfassung nach, bei dieser Entscheidung gewahrt werden – kein leichter Balanceakt für die Verantwortlichen.

Die Bundesregierung aber ist trotz allem zuversichtlich, noch dieses Jahr ein neues Transplantationsgesetz auf den Weg zu bringen, damit es 2012 in Kraft treten kann.