Über 33 Millionen Menschen weltweit sind mit dem tödlichen HI-Virus infiziert, davon etwa 60.000 in Deutschland. Nun feiert man im Kampf gegen die Immunkrankheit AIDS einen kleinen Sieg: Eine Tablette soll das HIV-Infektionsrisiko um bis zu 73 Prozent reduzieren.

Am 14.07.2011 stellten die WHO und das Programm der vereinten Nationen für HIV/Aids das antiretrovirale Medikament, bestehend aus den Virus-Hemmern Tenofovir und Emtricitabin, vor. Die Wirksamkeit der Tablette wurde dabei vorab in einer Langzeitstudie mit 4.758 heterosexuellen Paaren aus Kenia und Uganda getestet. Dabei wurden die Teilnehmer zuerst eingehend beraten und mit Kondomen für Männer und Frauen ausgestattet. Anschließend erhielten die gesunden Versuchspersonen zusätzlich – und natürlich unwissentlich – entweder den antiviralen Wirkstoff Tenofovir, das Kombinationspräparat aus Tenofovir und Emtricibatin oder einen Placebo. Diese Medikamente mussten von da an einmal täglich eingenommen werden. Circa drei Jahre nach Beginn der Studie im Sommer 2008 wurden die Ergebnisse nun präsentiert: In der Placebo-Gruppe hatten sich 47 Menschen mit HIV infiziert, während es in der Tenofovir-Gruppe nur zu 18, und in der Kombinationsgruppe sogar nur zu 13 Ansteckungen kam. Im Vergleich zur Placebogruppe war die Infektionsrate innerhalb der Tenofovir-Emtricitabin-Gruppe also um 73 Prozent niedriger.

Allerdings ist die neue „Wunderpille“ nicht unumstritten: Zwar banne sie die Gefahr einer Infektion, es seien aber zusätzliche Präventivmaßnahmen notwendig, um eine Übertragung des Virus zu verhindern. Das stellt auch die Weltgesundheitsorganisation ausdrücklich heraus. Außerdem habe auch die Kombi-Pille wie jedes andere HIV-Medikament einige Nebenwirkungen – Tenofovir und Emtricitabin könnten zum Beispiel wichtige Organe, wie das Herz, die Nieren oder die Leber, angreifen. Somit wird der Nutzen des Medikaments fragwürdig. Kritiker argumentieren: Lohnt es sich, die Nebenwirkungen eines Medikaments in Kauf zu nehmen, nur um einen doppelten Schutz vor einer anderen Krankheit zu erzielen?

Es bleibt abzuwarten, ob die neuartige HIV-Pille nur als Verkaufsschlager für die Pharmaindustrie konzipiert wurde, oder ob es sich hierbei tatsächlich um einen Meilenstein im Kampf gegen die am weitesten verbreitete Immunkrankheit der Welt handelt.