Heuschnupfen (Pollenallergie)

AUS: MEDIZIN-LEXIKON.DE

Frau mit Allergie putzt sich die Nase

Der Heuschnupfen: Ein Überblick

Beim Heuschnupfen handelt es sich um die häufigste Allergieform in den Industrieländern. Der medizinisch korrekte Name lautet Pollenallergie. Weitere Bezeichnungen sind:

  • Allergische Rhinitis
  • Allergischer Schnupfen
  • Saisonaler allergischer Schnupfen

Die Bezeichnung Heuschnupfen kommt aus dem 19. Jahrhundert und hat sich im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt. Doch der Name ist irreführend: Heuschnupfen ist demnach keine Allergie gegen Heu. Vielmehr entsteht der Heuschnupfen durch Eiweiße verschiedener Pflanzenpollen, auf die das Immunsystem überempfindlich reagiert.

Bis zu 20 Prozent der Menschen sind betroffen; Frauen mit 16,5 Prozent etwas häufiger als Männer mit 13 Prozent. Bei Kindern ist es umgekehrt, hier entwickeln Jungen häufiger Heuschnupfen als Mädchen. Zu beobachten ist auch, dass bei Pollenallergikern häufig eine Überempfindlichkeit auf pflanzliche Nahrungsmittel auftritt, eine sogenannte Kreuzallergie. Menschen mit Hasel- oder Birkenpollenallergie zeigen zum Beispiel häufig allergische Reaktionen beim Verzehr von Haselnüssen oder Karotten.

Wenn die Schleimhäute von Nase, Augen oder Atemwegen in Kontakt mit Pollen kommen, startet der Körper eine Abwehrreaktion. Immunzellen, genauer gesagt die Mastzellen schütten bei Kontakt mit Polleneiweißen Entzündungsbotenstoffe wie Histamin und Leukotrien aus, die dann die Heuschnupfen-Symptome hervorrufen.

Die Hauptsaison des saisonalen allergischen Schnupfens erstreckt sich von April bis August (nur während der Blütezeit). Allerdings weitet sich der Pollenflug durch den Klimawandel immer weiter aus. Pollen der Frühblüher (z. B. Hasel, Erle, Birke) fliegen teilweise schon im Januar. Gerade die Birke setzt besonders aggressive Pollen frei. Durch einen hohen Ozongehalt werden diese Pollen sogar noch aggressiver.

Ein weiterer Hauptauslöser für die Pollenallergie sind Gräser, die sich ab Mai und sehr stark im Juni vermehren und für die belastenden Beschwerden sorgen

Eine hohe Luftverschmutzung, wie sie gerade in Großstädten vorkommt, verschlimmert das Problem weiter. Vor allem die globale Erwärmung dürfte die Zahl der Pollenallergiker künftig deutlich ansteigen lassen. Manche Experten rechnen gar mit einer Verdopplung.

Mit verschiedenen Allergietests lässt sich eine Pollenallergie sicher diagnostizieren. Die Therapie besteht aus verschiedenen Pfeilern. Eine Vermeidung der Auslöser hilft, ist aber schwierig. Entsprechend wichtig sind weitere Behandlungsformen, allen voran die Hyposensibilisierung.

Heuschnupfen: Ursachen und Auslöser

Ursache ist eine Überreaktion des Immunsystems auf normalerweise harmlose Stoffe. Das ist der typische Krankheitsverlauf einer Allergie. Beim Heuschnupfen besteht diese Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Eiweißen in Pollen.

Immunsystem produziert vermehrt Antikörper

Das Immunsystem bildet nach dem ersten Kontakt mit den Pollen Abwehrstoffe, die IgE-Antikörper. Nach einem erneuten Allergenkontakt werden diese Antikörper aktiviert. Wenn die Pollen auf die Schleimhäute der Nase, Augen oder Atemwege gelangen, binden sich die IgE-Antikörper an die Mastzellen, die zur körpereigenen Abwehr gehören. Diese wiederum schütten den Entzündungsbotenstoff Histamin aus, der für die lästigen Symptome verantwortlich ist.

Vererbung spielt wichtige Rolle bei Heuschnupfen

Eine weitere Ursache von Heuschnupfen ist die Vererbung, die bei so vielen anderen Krankheiten eine Rolle spielt. Ist ein Familienmitglied an Heuschnupfen erkrankt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch andere Mitglieder daran erkranken, insbesondere die Kinder. Eine Allergie der Mutter birgt das höchste Risiko.

  • Reagiert kein Elternteil allergisch, beträgt das Erkrankungsrisiko 15 Prozent
  • Liegt bei beiden Elternteilen eine Allergie vor, liegt das Erkrankungsrisiko bei 50 – 60 Prozent
  • Sind beide Elternteile von einer Allergie betroffen, liegt das Risiko gar bei 60 – 80 Prozent

Diese Zahlen lassen sich auch auf den Heuschnupfen anwenden.

Tabak erhöhte Erkrankungsrisiko

Für die Pollenallergie, aber auch andere allergische Erkrankungen gilt: Reizstoffe schaden – vor allem Kindern. Wenn die Mutter in der Schwangerschaft raucht, ist es deutlich wahrscheinlicher, dass das Kind eine Allergie entwickelt. Doch auch nach der Geburt schadet der Rauch den Kindern, weswegen Eltern idealerweise gar nicht, keinesfalls aber in direkter Gegenwart des Kindes rauchen sollten.

Klimawandel: Längerer Pollenflug und neue Pflanzen

Auch der Klimawandel ist nicht außer Acht zu lassen, denn eine Pflanze verbreitet sich ganz besonders durch den Klimawandel: das Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia). Das Kraut hat ein hohes allergisches Potenzial und ist daher oft Ursache von Heuschnupfen. Durch klimatische Veränderungen verstärkt und verlängert sich in manchen Regionen die Pollenflugsaison. In einem milden Winter ist der erste Blütenstaub mitunter bereits kurz nach Weihnachten unterwegs.

Übertriebene Hygiene fördert Allergien

Zu viel Hygiene fördert Allergien. Was lange als Volksweisheit galt, ist mittlerweile klar belegt. Übertriebene Reinlichkeit schwächt das Immunsystem. Dann stuft es harmlose Auslöser wie Pollen mitunter als Gefahr ein. Fazit: Hygiene ist wichtig, übertriebene Reinlichkeit kann hingegen kontraproduktiv sein.

Symptome: Juckreiz, Niesreiz, Halsschmerzen

Die typischen Beschwerden werden durch den Entzündungsbotenstoff Histamin verursacht. So weiten sich zum Beispiel die Blutgefäße und es entstehen lokale Entzündungen.

Typische Beschwerden von Heuschnupfen sind:

  • laufende und verstopfte Nase
  • Niesreiz
  • trockene Nasenschleimhaut
  • tränende und juckende Augen
  • Halsschmerzen und Husten
  • juckender Gaumen
  • Schlafstörungen und Schnarchen
  • regelmäßige Kopfschmerzen
  • Bindehautentzündung und rote Augen
  • Atembeschwerden
  • Müdigkeit

Auch psychische Probleme treten häufig auf. Das verwundert nicht, sind die Beschwerden doch äußerst belastend. Zudem treten sie vor allem dann besonders in Erscheinung, wenn das Wetter schön ist und man sich gerade gerne im Freien aufhält.

Heuschnupfen-Diagnose: Allergologe führt verschiedene Allergietests durch

Aufschlussreich sind Allergietests, um herauszufinden, ob tatsächlich ein Heuschnupfen vorliegt. Doch auch eine ausführliche Patientenbefragung gehört zum Prozedere beim Allergologen.

Patientenbefragung und Anamnese

Am Beginn der Untersuchung steht eine ausführliche Patientenbefragung. Der Arzt stellt beispielsweise die folgenden Fragen:

  • Seit wann bestehen die Beschwerden?
  • Wann treten diese vermehrt auf?
  • Gibt es Fälle von Heuschnupfen oder anderen Allergien in der Familie?

Auf Basis der Antworten und weiterer Informationen erhebt der Arzt die Krankengeschichte (Anamnese).

Allergietests

Vor allem die folgenden Allergietests kommen bei der Diagnostik einer Pollenallergie zur Anwendung:

  • Hauttest (Pricktest)
  • Blutuntersuchung
  • Provokationstest

Hauttest (Pricktest)

Das Allergen wird auf die Haut (meist auf dem Unterarm) aufgetragen und an dieser Stelle mit einer feinen Nadel unter die Haut gestochen. Dadurch gelangen die Allergene in Kontakt mit den Abwehrzellen der Haut. Wenn sich nun die Haut an der Teststelle rötet und sich Quaddeln bilden, liegt eine Allergie vor. Auch Juckreiz ist typisch.  Wenn der Hauttest nicht eindeutig ausfällt, folgen weitere Untersuchungen.

Blutuntersuchung

Hierzu entnimmt der Arzt dem Patienten Blut. Im Labor wird dann geprüft, ob bestimmte IgE- Antikörper gegen das Allergen auffindbar sind, die auf eine Allergie hinweisen könnten.

Provokationstest

Der Provokationstest kommt in der Regel dann zur Anwendung, wenn die vorherigen Untersuchungen keine Klarheit geschaffen haben. Hierbei sprüht der Arzt hochkonzentrierte Pollenallergene in die Nase (nasale Provokationstestung). Treten dann Symptome auf, gilt die Diagnose Heuschnupfen als gesichert. Aus Sicherheitsgründen verbleibt der Patient anschließend noch einige Zeit unter ärztlicher Beobachtung.

Die Therapie des Heuschnupfens

Grundsätzlich besteht die Therapie der Pollenallergie aus drei Pfeilern:

  • Allergenvermeidung (Allergenkarenz)
  • antiallergische Medikamente
  • Hyposensibilisierung

Häufig bringt eine Kombination aus den Maßnahmen den größten Erfolg.

Die Allergenvermeidung gestaltet sich bei Pollen schwierig

Man kann in der Pollensaison versuchen, sich zu schützen und Pollen so gut wie möglich aus dem Wege zu gehen. Das gelingt zum Beispiel durch:

  • Schlafen mit geschlossenem Fenster
  • regelmäßigem Wechseln der Bettwäsche
  • Wäsche nicht im Freien trocknen
  • regelmäßige Nasenspülungen mit Salzwasser, um die Pollen hinauszubefördern
  • Fenster im Auto geschlossen halten
  • Möbel feucht wischen
  • Haare vor dem Zubettgehen waschen

Gerade in der Hochzeit des Pollenfluges ist eine konsequente Vermeidung aber schwierig bis unmöglich.

Antiallergische Medikamente lindern die Symptome

Antiallergische Medikamente, zum Beispiel Antihistaminika, werden als Nasenspray oder Tabletten verwendet. Sie verschaffen wirkungsvolle Linderung, bekämpfen aber nicht die Ursache des Heuschnupfens. Trotzdem haben sie einen festen Platz in der Behandlung einer Pollenallergie. Auch Cortison-Nasensprays helfen enorm, sind allerdings aufgrund ihrer Nebenwirkungen nicht zur Dauertherapie geeignet.

Hyposensibilisierung (spezifische Immuntherapie): Die Pollenallergie an der Wurzel packen

Die Frage, ob man Heuschnupfen heilen kann, lässt sich mit Ja beantworten. Therapie der Wahl ist die Hyposensibilisierung – auch als spezifische Immuntherapie oder Desensibilisierung bezeichnet. Durch dieses Verfahren wird das Immunsystem durch kleine Gaben von Allergenen ganz langsam an die allergieauslösende Substanz gewöhnt. Allerdings dauert die Therapie zwischen drei und fünf Jahren.

Zu Beginn sind wöchentliche, dann monatliche Arztbesuche erforderlich, um die Dosis langsam zu erhöhen. Sie wird von vielen Ärzten/innen empfohlen, da ohne eine konsequente Behandlung des Heuschnupfens allergisches Asthma die Folge sein kann. Diesen Effekt nennt man Etagenwechsel.

Auch wenn die Therapie viel Überwindung von einem selbst voraussetzt, ist sie die einzig langfristige Hilfe, da hier die Ursache der Pollenallergie behandelt wird. Die Erfolgsaussichten sind dabei durchaus sehr hoch. Bei rund 80 – 90 Prozent der Patienten bessern sich die Beschwerden deutlich oder verschwinden gar vollständig.

Seit einigen Jahren gibt es sogar die verschreibungspflichtigen Gräsertabletten, die aus den fünf wichtigsten Gräserpollen zusammengesetzt sind. In verschiedene Studien gibt es seit Jahren gute Resultate.

Referenzen

  • „Häufigkeit allergischer Erkrankungen in Deutschland“, U. Langen, R. Schmitz, H. Steppuhn, Springer Verlag, Bundesgesundheitsblatt 2013, 56:698–706, DOI 10.1007/s00103-012-1652-
  • Saloga J, Klimak L, Buhl R, Mann W, Knop J. Allergologie-Handbuch: Grundlagen und klinische Praxis. Schattauer, Stuttgart, 2006, Seite 130
  • Romagnani S. The increased prevalence of allergy and the hygiene hypothesis: missing immune deviation, reduced immune suppression, or both? Immunology. 2004 Jul; 112(3): 352–363. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1782506/
  • Trautmann A. Allergiediagnose, Allergietherapie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2006, Seite 20
  • Moll I. Duale Reihe: Dermatologie. 6., komplett überarbeitete und erweiterte Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2005, Seite 166
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