Der Begriff Abort bezeichnet in der Medizin den Spontanverlust einer Schwangerschaft vor der 24. Schwangerschaftswoche. Er tritt bei etwa 10–15 % aller klinisch diagnostizierten Schwangerschaften auf und kann für betroffene Frauen und Paare eine starke physische sowie emotionale Belastung darstellen. Die Ursachen eines Aborts sind vielfältig und reichen von genetischen Faktoren bis hin zu hormonellen oder infektiösen Einflüssen.
Abort: Definition und Arten
Ein Abort wird als Verlust des Embryos oder Fetus vor der Lebensfähigkeit definiert, üblicherweise vor der 24. Schwangerschaftswoche. Man unterscheidet verschiedene Formen:
- Frühabort: Tritt vor der 12. Schwangerschaftswoche auf und macht etwa 80 % aller Fehlgeburten aus.
- Spätabort: Erfolgt zwischen der 12. und 24. Schwangerschaftswoche.
- Habitueller Abort (wiederholter Abort): Mindestens drei aufeinanderfolgende Fehlgeburten.
- Missed Abort: Der Embryo ist abgestorben, verbleibt jedoch ohne Symptome in der Gebärmutter.
- Septischer Abort: Infizierte Fehlgeburt, die eine lebensbedrohliche Sepsis auslösen kann.
Ursachen eines Aborts
Fehlgeburten können durch verschiedene Faktoren verursacht werden, wobei oft eine Kombination mehrerer Faktoren vorliegt. Die häufigsten Ursachen sind:
- Genetische Anomalien: Chromosomenstörungen sind die häufigste Ursache eines Frühaborts.
- Hormonelle Störungen: Ein Progesteronmangel kann die Einnistung des Embryos beeinträchtigen.
- Infektionen: Toxoplasmose, Listeriose oder Röteln erhöhen das Risiko.
- Anatomische Ursachen: Fehlbildungen der Gebärmutter oder Myome können eine Fehlgeburt begünstigen.
- Autoimmunerkrankungen: Das Antiphospholipid-Syndrom ist mit wiederholten Aborten assoziiert.
- Lebensstilfaktoren: Rauchen, Alkohol, Drogenkonsum und starkes Über- oder Untergewicht spielen eine Rolle.
Symptome eines Aborts
Ein Abort kann sich durch verschiedene Symptome äußern, wobei nicht immer alle auftreten müssen:
- Vaginale Blutungen (leicht bis stark)
- Unterbauchschmerzen oder krampfartige Beschwerden
- Plötzlicher Rückgang von Schwangerschaftssymptomen (z. B. Übelkeit)
- Fieber und Schüttelfrost bei einem septischen Abort
Abort: Diagnose und Behandlung
Diagnostiziert wird ein Abort meist durch eine gynäkologische Untersuchung sowie Ultraschall. Abhängig von der Art des Aborts gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten:
- Abwartendes Vorgehen: Der Körper stößt das abgestorbene Gewebe oft selbst aus.
- Medikamentöse Therapie: Prostaglandine (z. B. Misoprostol) unterstützen die natürliche Ausstoßung.
- Operative Therapie: Eine Kürettage (Ausschabung) wird durchgeführt, wenn das Gewebe nicht vollständig abgestoßen wird.
Nach einem Abort sind psychologische Unterstützung und medizinische Beratung zur Vermeidung weiterer Fehlgeburten essenziell.
Psychische Folgen eines Aborts
Aborts sind nicht nur eine physische, sondern auch eine psychische Belastung. Viele Frauen erleben nach einer Fehlgeburt tiefe Trauer, Schuldgefühle oder sogar depressive Symptome. Besonders nach wiederholten Aborten kann es zu Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsreaktionen kommen. Häufige emotionale Reaktionen sind:
- Trauer und Verlustgefühl: Der unerwartete Schwangerschaftsabbruch kann mit dem Verlust eines nahestehenden Menschen vergleichbar sein.
- Schuldgefühle: Betroffene fragen sich oft, ob sie etwas falsch gemacht haben, obwohl in den meisten Fällen keine beeinflussbaren Faktoren vorliegen.
- Ängste vor einer erneuten Schwangerschaft: Frauen, die bereits eine oder mehrere Fehlgeburten hatten, entwickeln oft eine ausgeprägte Angst, dass sich das Ereignis wiederholen könnte.
- Partnerschaftliche Spannungen: Unterschiedliche Verarbeitungsmechanismen zwischen Partnern können zu Missverständnissen und Belastungen in der Beziehung führen.
Eine psychologische Begleitung kann helfen, die Emotionen besser zu verarbeiten. Spezialisierte Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen oder Gespräche mit Therapeuten ermöglichen den Betroffenen, ihre Gefühle zu teilen und Unterstützung zu finden. Auch medizinische Aufklärung darüber, dass Fehlgeburten oft auf nicht vermeidbare Ursachen zurückzuführen sind, kann helfen, Schuldgefühle zu reduzieren.
Fazit
Ein Abort ist ein häufiges, aber oft belastendes Ereignis. Ursachen reichen von genetischen Störungen bis zu anatomischen oder hormonellen Problemen. Neben den physischen Folgen sind auch die psychischen Auswirkungen erheblich, weshalb eine einfühlsame Betreuung und Beratung essenziell sind. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können helfen, gesundheitliche Risiken zu minimieren.
Quellen
- Cunningham, F. G. et al. (2022). Williams Obstetrics. McGraw-Hill Education.
- Stephenson, M. D. et al. (2017). „Recurrent Pregnancy Loss: Current Perspectives“. International Journal of Women’s Health.
- Royal College of Obstetricians and Gynaecologists (RCOG). The Management of Early Pregnancy Loss, 2021.
- American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG). Early Pregnancy Loss: Practice Bulletin No. 200, 2018.