Das Adam-Stokes-Syndrom ist eine medizinisch bedeutsame Herzrhythmusstörung, bei der es zu einer plötzlichen und vorübergehenden Bewusstlosigkeit aufgrund eines verlangsamten oder aussetzenden Herzschlags kommt. Die Erkrankung ist nach den irischen Ärzten Robert Adams (1827) und William Stokes (1846) benannt, die erstmals diese spezifischen Anfälle beschrieben. Das Syndrom stellt eine Form der Synkope (Ohnmacht) dar und ist typischerweise auf einen kompletten oder partiellen Herzblock zurückzuführen.
Die Störung ist vor allem bei älteren Patienten mit strukturellen Herzerkrankungen relevant, kann aber auch jüngere Menschen betreffen, insbesondere bei angeborenen Reizleitungsstörungen.
Was ist das Adam-Stokes-Syndrom?
Das Adam-Stokes-Syndrom beschreibt eine plötzliche Unterbrechung der Gehirndurchblutung infolge eines verlangsamten oder aussetzenden Herzrhythmus. Die Ursache liegt meist in einem atrioventrikulären Block (AV-Block), bei dem die elektrische Erregung vom Vorhof nicht mehr auf die Herzkammern übertragen wird. Dadurch sinkt die Herzfrequenz auf gefährlich niedrige Werte – oft unter 30 Schläge pro Minute – oder es kommt zu einem vorübergehenden Stillstand der Herztätigkeit.
Diese elektrische Leitungsstörung führt dazu, dass das Gehirn kurzfristig nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Daraus resultieren typische Symptome wie plötzlicher Bewusstseinsverlust, der ohne Vorwarnung auftreten kann.
Symptome des Adam-Stokes-Syndroms
Das Hauptmerkmal des Adam-Stokes-Syndroms ist die plötzliche und kurzzeitige Bewusstlosigkeit. Diese wird nicht selten mit einem epileptischen Anfall verwechselt. Typische Begleitsymptome sind:
- Plötzliche Ohnmacht (Synkope), oft ohne vorherige Anzeichen
- Verlangsamter oder aussetzender Puls (Bradykardie bis Asystolie)
- Blässe und Schweißausbruch
- Krampfartige Bewegungen (in seltenen Fällen)
- Schnelle Wiedererlangung des Bewusstseins innerhalb von Sekunden bis wenigen Minuten
Die Episoden können mehrmals täglich auftreten oder nur sporadisch, was die Diagnose erschwert.
Ursachen und Risikofaktoren
Das Adam-Stokes-Syndrom entsteht in den meisten Fällen durch eine Störung im Reizleitungssystem des Herzens. Dabei kommt es zu einem vollständigen oder hochgradigen AV-Block. Häufige Ursachen sind:
- Degenerative Veränderungen des Herzleitungssystems
- Koronare Herzkrankheit (KHK)
- Herzinfarkt
- Kardiomyopathien
- Medikamentenwirkungen (z. B. Digitalis, Betablocker)
- Elektrolytstörungen (z. B. Hyperkaliämie)
Selten sind angeborene Ursachen oder entzündliche Erkrankungen wie Myokarditis verantwortlich.
Diagnose des Adam-Stokes-Syndroms
Die Diagnose erfolgt in erster Linie durch eine elektrokardiographische Untersuchung (EKG). Dabei können typische Zeichen eines AV-Blocks erkannt werden. Ein normales Ruhe-EKG reicht allerdings nicht immer aus, da die Symptome intermittierend auftreten. In solchen Fällen kommen folgende Methoden zum Einsatz:
- Langzeit-EKG (24-Stunden-EKG oder länger)
- Event-Recorder oder implantierbare Loop-Rekorder
- Belastungs-EKG zur Provokation von Rhythmusstörungen
- Echokardiographie zur Beurteilung der Herzstruktur
Nur durch eine exakte Diagnostik kann das Risiko für lebensbedrohliche Komplikationen wie einen plötzlichen Herztod richtig eingeschätzt werden.
Therapie des Adam-Stokes-Syndroms
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache und Schwere der Rhythmusstörung. In den meisten Fällen ist eine dauerhafte Schrittmacherimplantation notwendig, um den Herzrhythmus zuverlässig zu stabilisieren. Weitere Therapiemaßnahmen beinhalten:
- Akuttherapie bei Anfällen: Lagerung in Rückenlage, Freihalten der Atemwege, ggf. Reanimation
- Medikamentöse Behandlung: Nur unterstützend, z. B. Isoprenalin zur Überbrückung bis zur Schrittmacherimplantation
- Behandlung der Grunderkrankung: Etwa bei Myokarditis oder Elektrolytstörungen
Prognose und Verlauf
Unbehandelt kann das Adam-Stokes-Syndrom lebensgefährlich sein. Die Prognose verbessert sich jedoch deutlich durch die Implantation eines Herzschrittmachers. Patienten mit einem korrekt eingestellten Schrittmacher erleben meist eine vollständige Rückbildung der Symptome und können ein weitgehend normales Leben führen.
Regelmäßige kardiologische Kontrollen sind jedoch unerlässlich, um die Funktion des Schrittmachers und den allgemeinen Herzstatus zu überprüfen.
Zusammenfassung
Das Adam-Stokes-Syndrom ist eine ernstzunehmende Herzrhythmusstörung mit typischer Bewusstlosigkeit infolge eines gestörten Herzschlags. Die frühzeitige Diagnose und adäquate Behandlung – meist durch einen Herzschrittmacher – ist entscheidend für die Prognose.
Wichtige Fakten auf einen Blick
- Plötzliche Ohnmacht durch verlangsamten Herzschlag
- Häufig bei AV-Block dritten Grades
- Diagnose über EKG und Langzeitüberwachung
- Behandlung: meist Schrittmacherimplantation
- Gute Prognose bei frühzeitiger Therapie
Quellen
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