Die Adduktion ist ein zentraler Begriff aus der Anatomie und Bewegungslehre. Sie beschreibt eine Bewegungsrichtung, bei der ein Körperteil zur Körpermitte hin geführt wird. Diese Bewegung ist das Gegenteil der Abduktion, bei der ein Körperteil von der Körpermitte weg bewegt wird. Adduktion spielt eine wesentliche Rolle in alltäglichen Bewegungsabläufen und ist sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie von muskuloskelettalen Erkrankungen von großer Bedeutung.

Was ist Adduktion?

In der medizinischen Terminologie bezeichnet Adduktion das aktive oder passive Heranführen einer Extremität oder eines Körperteils an die gedachte Längsachse des Körpers oder eines Körpersegments. Diese Bewegung kann in verschiedenen Gelenken stattfinden, etwa im Schultergelenk, Hüftgelenk oder im Bereich der Finger und Zehen.

Beispiele sind:

  • Das Anlegen des Arms seitlich an den Oberkörper.
  • Das Zusammenführen der gespreizten Beine zur Körpermitte.
  • Das Zuziehen der Finger zur Mittelhandlinie.

Adduktion im Bewegungsapparat

Die Adduktion kann in verschiedenen Gelenken des Körpers stattfinden und wird durch spezifische Muskelgruppen gesteuert, die je nach Region unterschiedliche anatomische und funktionelle Merkmale aufweisen.

Schulter- und Hüftgelenk

Die Adduktion spielt in Kugelgelenken wie Schulter und Hüfte eine besonders große Rolle. Dort wird sie vor allem durch spezifische Muskelgruppen realisiert, die als Adduktoren bezeichnet werden.

In der Schulter übernehmen unter anderem folgende Muskeln die adduktive Bewegung:

  • Musculus pectoralis major
  • Musculus latissimus dorsi
  • Musculus teres major

Im Hüftgelenk ist die Adduktion ebenfalls eine wichtige Bewegungsrichtung, etwa beim Gehen oder beim Überkreuzen der Beine. Die Muskelgruppe der Adduktoren des Oberschenkels besteht vor allem aus:

  • Musculus adductor longus
  • Musculus adductor brevis
  • Musculus adductor magnus
  • Musculus gracilis
  • Musculus pectineus

Diese Muskeln liegen größtenteils an der Innenseite des Oberschenkels und sind besonders bei Sportarten mit Richtungswechseln (z. B. Fußball, Eishockey) aktiv beteiligt.

Finger und Zehen

Auch in den Händen und Füßen findet Adduktion statt. Hier führt die Bewegung die Finger oder Zehen zur Längsachse der Hand oder des Fußes. Die beteiligten kleinen Muskelgruppen sorgen für präzise Bewegungen, die etwa beim Greifen oder beim Gehen relevant sind.

Medizinische Bedeutung der Adduktion

Die Funktion der Adduktion ist nicht nur für die Motorik wesentlich, sondern auch für die orthopädische Diagnostik und Therapie. Eine eingeschränkte Adduktion kann auf verschiedene Erkrankungen oder Verletzungen hinweisen, wie:

  • Adduktorenzerrungen oder -rupturen bei Sportlern
  • Gelenkinstabilitäten nach Unfällen
  • Neurologische Erkrankungen mit Spastiken oder Lähmungen

Klinische Untersuchung

In der klinischen Praxis wird die Adduktion regelmäßig getestet, um Muskelfunktion, Gelenkstabilität oder Schmerzursachen zu überprüfen. Dabei wird die Bewegung aktiv durch den Patienten oder passiv durch den Untersucher durchgeführt und auf Einschränkungen oder Schmerzen beurteilt.

Adduktion im Alltag und im Sport

Die Adduktion ist eine alltägliche Bewegung: Ob beim Schließen der Beine, dem Anlegen der Arme oder dem Greifen eines Gegenstandes – Adduktionsbewegungen sind überall zu finden. Besonders im Sport ist eine gut trainierte Adduktorengruppe entscheidend. Sportarten, bei denen schnelle Richtungswechsel oder Rotationsbewegungen notwendig sind, belasten die Adduktoren stark. Entsprechend häufig treten dort Adduktorenverletzungen auf, die mit Physiotherapie und gezieltem Muskelaufbau behandelt werden.

Typische Sportarten mit hoher Adduktorenbelastung:

  • Fußball
  • Eishockey
  • Tennis
  • Turnen
  • Reiten

Therapie und Training der Adduktion

Bei muskulären Dysbalancen oder nach Verletzungen kommt dem gezielten Training der Adduktion große Bedeutung zu. In der Physiotherapie wird sowohl an der Bewegungsausführung als auch an der Kraftentwicklung gearbeitet. Übungen mit Widerstandsbändern oder Geräten im Fitnessstudio helfen, die Adduktoren zu stärken und die Funktion langfristig wiederherzustellen.

Quellen

  • Bochenek A, Reicher M. Anatomie. Band 1: Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Urban & Fischer; 2005.
  • Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus LernAtlas der Anatomie – Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Thieme; 2020.
  • Platzer W. Taschenatlas der Anatomie. Band 1: Bewegungsapparat. Thieme; 2014.
  • Putz R, Pabst R. Sobotta: Atlas der Anatomie des Menschen, Band 1: Allgemeine Anatomie und Bewegungsapparat. Urban & Fischer; 2018.
  • Brukner P, Khan K. Clinical Sports Medicine. McGraw-Hill Education; 2017.
  • Zatsiorsky VM, Kraemer WJ. Science and Practice of Strength Training. Human Kinetics; 2006.