Die Aktinomykose ist eine chronisch verlaufende Infektionskrankheit, die durch anaerobe, grampositive Bakterien der Gattung Actinomyces verursacht wird. Trotz des Namens handelt es sich nicht um eine Pilzinfektion, sondern um eine bakterielle Erkrankung, die durch das typische fadenartige Wachstum der Erreger früher fälschlich als „Strahlenpilzkrankheit“ bezeichnet wurde. Die Aktinomykose betrifft vor allem das Gesicht, den Hals, die Brust- und Bauchhöhle sowie gelegentlich das zentrale Nervensystem.
Ursachen und Übertragungswege der Aktinomykose
Die häufigsten Erreger der Aktinomykose sind Actinomyces israelii sowie weitere Arten der Gattung Actinomyces, die zur normalen Mund- und Rachenschleimhautflora gehören. Eine Infektion entsteht meist durch:
- Verletzungen der Schleimhäute im Mund- oder Rachenraum, etwa durch Zahnextraktionen, chronische Parodontitis oder kieferchirurgische Eingriffe
- Penetration der Haut oder Schleimhaut durch Fremdkörper, Bissverletzungen oder Perforationen im Gastrointestinaltrakt
- Immunschwäche, zum Beispiel durch Diabetes mellitus oder immunsuppressive Therapien
Die Bakterien gelangen in tiefere Gewebeschichten, wo sie durch anaerobe Bedingungen ideale Vermehrungsbedingungen vorfinden.
Symptome der Aktinomykose
Die klinischen Manifestationen der Aktinomykose sind vielseitig und hängen von der betroffenen Körperregion ab. Zu den häufigsten Formen zählen:
Zervikofaziale Aktinomykose
Diese Form tritt am häufigsten auf und ist durch schmerzlose, derbe Schwellungen im Bereich von Kiefer oder Hals gekennzeichnet. Im Verlauf können sich Fistelgänge mit eitrigem, oft schwefelig riechendem Sekret bilden.
Thorakale Aktinomykose
Hier kann es zu chronischem Husten, Brustschmerzen, Fieber und Gewichtsverlust kommen. Radiologisch ähnelt die Erkrankung oft einer Tuberkulose oder einem Bronchialkarzinom.
Abdominelle Aktinomykose
Sie zeigt sich durch unspezifische Bauchschmerzen, tastbare Resistenzen und rezidivierende Fieberschübe. Auch hier sind Fistelbildungen möglich.
Weitere seltene Manifestationen betreffen das ZNS (z. B. Hirnabszesse) oder das Urogenitalsystem.
Diagnose der Aktinomykose
Die Diagnose ist häufig schwierig, da die Symptome unspezifisch sind und leicht mit anderen chronisch-entzündlichen oder neoplastischen Erkrankungen verwechselt werden können. Wichtige Schritte in der Diagnostik sind:
- Mikrobiologischer Nachweis der Actinomyces-Spezies aus Punktaten oder Biopsien
- Histologische Untersuchung zur Darstellung der typischen „Drusen“ (Schwefelkörnchen)
- Bildgebung (CT, MRT) zur Abklärung von Ausdehnung und Fistelgängen
Eine rasche Diagnostik ist entscheidend, um irreversible Gewebeschäden und Komplikationen zu vermeiden.
Therapie der Aktinomykose
Die Behandlung erfolgt primär antibiotisch, zumeist über einen längeren Zeitraum. Goldstandard ist eine hochdosierte Penicillintherapie, meist parenteral für mehrere Wochen, gefolgt von einer oralen Erhaltungstherapie.
Antibiotische Therapie – Übersicht:
- Penicillin G (i. v.) für 4–6 Wochen
- Anschließend Amoxicillin (oral) für weitere 6–12 Wochen
- Bei Penicillinallergie: Doxycyclin oder Erythromycin
Chirurgische Maßnahmen können erforderlich sein, um Abszesse zu drainieren oder nekrotisches Gewebe zu entfernen.
Prognose und Verlauf
Die Prognose der Aktinomykose ist bei frühzeitiger Diagnose und konsequenter Therapie gut. Unbehandelt kann die Erkrankung jedoch zu schweren Gewebszerstörungen und systemischen Komplikationen führen. Eine Rezidivneigung besteht insbesondere bei unvollständiger Behandlung oder fortbestehenden Risikofaktoren.
Quellen
- Mandell GL, Bennett JE, Dolin R. Mandell, Douglas, and Bennett’s Principles and Practice of Infectious Diseases. 9th ed. Elsevier; 2020.
- Brook I. Actinomycosis: diagnosis and management. South Med J. 2008;101(10):1019–1023.
- Valour F, Sénéchal A, Dupieux C, et al. Actinomycosis: etiology, clinical features, diagnosis, treatment, and management. Infect Drug Resist. 2014;7:183–197.
- Boyanova L, Kolarov R, Mateva L, et al. Actinomycosis: a frequently forgotten disease. Future Microbiol. 2015;10(4):613–628.
- Mabeza GF, Macfarlane J. Pulmonary actinomycosis. Eur Respir J. 2003;21(3):545–551.