Eine Migräne ist mehr als „bloßer“ Kopfschmerz: Es ist eine ernst zu nehmende, neurologische Krankheit, unter der immer mehr Menschen leiden. In Deutschland und ebenso weltweit sind mittlerweile etwa zehn Prozent der Erwachsenen betroffenen. Zwar lässt sich Migräne an sich medizinisch nicht heilen, doch zahlreiche Maßnahmen helfen, den Attacken vorzubeugen oder sie zumindest abzuschwächen.

Was ist eine Migräne? Symptome und Betroffene

Unter einer typischen Migräne (auch ‘‘Hemikranie‘‘ genannt) versteht man starke, pulsierende Kopfschmerzen, die immer wieder und anfallsweise auftreten. Meist handelt es sich um halbseitige Kopfschmerzen, die am stärksten an der Stirn und Schläfe, um das Auge herum und am Hinterkopf zu spüren sind. Es muss aber nicht jedes Mal dieselbe Kopfhälfte betroffen sein und der Schmerz kann auch während eines Migräneanfalls die Seite wechseln. Die Kopfschmerzen können nach einigen Stunden vorbei sein, aber auch bis zu drei Tagen anhalten. Bei körperlicher Anstrengung verstärken sie sich zudem.

Begleitet werden diese Kopfschmerzen üblicherweise von Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen. Viele reagieren während eines Migräneanfalls außerdem empfindlich auf Licht und Geräusche, seltener auch auf Gerüche. Das Gesicht ist häufig verfärbt, entweder auffallend blass oder stark gerötet. Betroffene fühlen sich insgesamt schlapp und krank, einigen ist zudem schwindlig.

Bei der Häufigkeit von Migräneattacken gibt es große Unterschiede: Manche sind nur ein paar Mal im Jahr betroffen, etwa jeder Zehnte aber hat vier Anfälle und mehr im Monat. Frauen leiden deutlich öfter und stärker an Migräne als Männer. Während einer Schwangerschaft bleiben Migräneanfälle oftmals aus und in den Wechseljahren werden sie meist seltener oder verlieren sich sogar ganz, was auf Zusammenhänge mit den Hormondrüsen schließen lässt. Die Krankheit setzt in der Regel erst mit oder nach der Pubertät ein, kann aber auch schon in der Kindheit beginnen.

Vier Migräne-Phasen

Eine Migräneattacke kann verschiedene Phasen durchlaufen. Häufig kündigt sich ein Anfall durch Vorboten (Prodromalsymptome) an, wie Müdigkeit, Unlust, Geräuschempfindlichkeit oder Verdauungsprobleme. Die Vorbotensymptome eines Migräneanfalls können bis zu zwei Tage vorher auftreten, werden allerdings von vielen Betroffenen nicht als solche erkannt.

Bei ca. 15-20 Prozent der Patienten geht den Kopfschmerzen eine sogenannte Migräneaura voraus. In dieser Phase kommt es zu Sehstörungen (z.B. Unschärfe, „blinde Flecken“, Flimmern) oder Empfindungsstörungen (z.B. Kribbeln in den Gliedmaßen, Verlust der Berührungsempfindung), die langsam einsetzen und etwa eine Stunde anhalten. Es können auch Störungen des Geruchs- und Gleichgewichtssinns, sprachliche und andere neurologische Störungen auftreten. Charakteristisch für eine Migräneaura ist außerdem, dass die Störungen während einer Aura wechseln oder sich die Symptome verändern; beispielsweise „wandert“ das Kribbeln durch den Arm oder der unscharfe Fleck durch das Gesichtsfeld. Diese Ausfallerscheinungen klingen jedoch vollständig wieder ab und hinterlassen keinerlei bleibende Schäden.

In der folgenden Kopfschmerzphase setzen oben beschriebene Kopfschmerzen und ihre Begleiterscheinungen ein. Bei einigen seltenen Sonderformen der Migräne bleiben die Kopfschmerzen aus, hier tritt beispielweise nur eine Migräneaura auf. Die abschließende Phase wird Rückbildungsphase genannt. Nachdem die Kopfschmerzen abgeklungen sind, brauchen manche Patienten noch bis zu 24 Stunden, bis sie sich wieder vollständig erholt haben.

Auslöser und Ursachen einer Migräne

Es wird angenommen, dass Umweltfaktoren und der individuelle Lebensstil eine große Rolle bei der Entstehung einer Migräne spielen. Die Faktoren, die einen Migräneanfall letztlich auslösen können, sind von Mensch zu Mensch verschieden. Als Auslöser werden häufig Stress, emotionale Belastung, zu wenig oder zu viel Schlaf, Geruchsreize oder Wetterumschwünge genannt. Bei Frauen können besonders hormonelle Schwankungen während des Menstruationszyklus eine Migräneattacke hervorrufen. Auch bestimmte Lebensmittel zählen zu den Auslösern, vor allem Rotwein (allgemein Alkohol), Schokolade, Käse und Kaffee.

Zur Entstehung einer Migräne gibt es zwar einige Theorien, bisher konnte jedoch noch nicht vollständig geklärt werden, was genau im Kopf passiert. Eine mögliche Ursache für den typischen Kopfschmerz ist eine Erweiterung der Blutgefäße im Gehirn. Damit lässt sich jedoch das Auftreten einer Migräneaura und der Begleitsymptome nicht erklären. Migräne könnte auch durch eine Übererregbarkeit der Nerven und Entzündungen an den Gefäßen im Gehirn verursacht werden. Weil einige Sonderformen der Migräne häufig innerhalb von Familien vorkommen, werden auch Gendefekte als Ursache für wahrscheinlich gehalten.

Diagnose und akute Behandlung eines Migräneanfalls

Eine Migräne lässt sich nur durch eine Befragung der betroffenen Person und eine Ermittlung der Krankengeschichte (Anamnese) diagnostizieren. Dabei kann ein Kopfschmerztagebuch helfen, auch um individuelle Auslöser einer Migräneattacke herauszufinden. Bei einer Migräne handelt es sich um eine primäre Kopfschmerzerkrankung, sie tritt also nicht als Folge von Erkrankungen wie Tumoren oder Blutungen auf. Daher müssen bei der Diagnose andere Krankheiten als Ursache der Kopfschmerzen ausgeschlossen werden.

Die beiden häufigsten Formen sind die gewöhnliche Migräne (ohne Aura) und die klassische Migräne (mit Aura). Daneben gibt es auch einige seltenere Sonderformen. Eine Einordnung wird anhand der Richtlinien der International Headache Society vorgenommen. Von einer gewöhnlichen Migräne wird gesprochen, wenn der Betroffene mindestens fünf Migräneattacken ohne vorausgehende Migräneaura hatte, die jeweils zwei der vier folgenden Kriterien erfüllt haben:

  • Halbseitiger Kopfschmerz (Seitenwechsel möglich)
  • Mittlere bis starke Schmerzen
  • Pulsierender oder pochender Schmerz
  • Verstärkung der Schmerzen durch körperliche Aktivität

Außerdem muss zu den Kopfschmerzen mindestens ein Begleitsymptom (Übelkeit, Erbrechen, Geräusch- oder Lichtempfindlichkeit) aufgetreten sein.

Da die genauen Ursachen noch unklar sind, lässt sich eine Migräne derzeit medizinisch nicht heilen. Aber zumindest die Migräneattacken können behandelt und dadurch abgeschwächt werden. Wer nicht gleich zu Medikamenten greifen möchte, versucht erst einmal, sich in einen abgedunkelten, ruhigen Raum zurückzuziehen und zu schlafen. Manche schwören auf eine kühlende Kompresse, Aromatherapie, Autogenes Training oder darauf die Stirn mit Pfefferminzöl einzureiben.

Zur medikamentösen Behandlung empfiehlt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft zum einen allgemeine Schmerzmittel (Aspirin, Paracetamol oder Ibuprofen) und zum anderen verschreibungspflichtige Migränemittel (Triptane). Von diesen Migränemitteln gibt es mittlerweile verschiedene Arten, in unterschiedlichen Stärken und Darreichungsformen, die eine sehr individuelle Therapie ermöglichen. Weil vielen Betroffenen auch übel ist oder sie erbrechen müssen, kann es sinnvoll sein, vor der Einnahme von Medikamenten etwas zur Beruhigung des Magens zu nehmen. In jedem Fall sollten Sie sich bei einer häufigeren und regelmäßigen Einnahme von Medikamenten jeder Art von einem Arzt beraten lassen, um Nebenwirkungen zu vermeiden.

Vorbeugung einer Migräne

Mit einigen Maßnahmen kann man den Migräneanfällen ganz gut vorbeugen. Am einfachsten ist es natürlich, seine individuellen Auslöser – wenn man sie kennt – so gut es geht zu meiden. Professionelle Stress- und Schmerzbewältigungstrainings können helfen, Stressfaktoren zu erkennen und den Umgang mit ihnen zu lernen sowie den Schmerz ertragbarer zu machen. Strategien zur Schmerzbewältigung sind zum Beispiel die progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder die Biofeedback-Methode. Auch Akupunktur ist eine von vielen anerkannte und bewiesenermaßen wirksame Therapiemöglichkeit. Helfen können außerdem leichter Ausdauersport wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren, Yoga und andere Entspannungsübungen, Autogenes Training oder Ernährungsmaßnahmen.

Bei besonders schwerer Migräne, einigen Sonderformen oder wenn die üblichen Mittel nicht anschlagen, empfiehlt sich zusätzlich eine medikamentöse Prophylaxe. Hier werden vor allem Arzneimittel verwendet, die eigentlich für andere Erkrankungen entwickelt wurden, bei denen man aber eine Migräne vorbeugende Wirkung festgestellt hat, zum Beispiel Betablocker oder Antiepileptika.