Die lateinische Angabe Ad vitrum, was übersetzt „in ein Glas“ bedeutet, gehört zu den klassischen pharmazeutischen Anweisungen, die in der medizinischen und pharmazeutischen Fachsprache nach wie vor von Bedeutung sind. Die Formulierung stammt aus dem Bereich der ärztlichen Verordnungspraxis und gibt an, dass ein Medikament oder eine Zubereitung in einer Glasflasche oder einem Glasbehältnis abgefüllt werden soll.

Gerade in der Galenik – der Lehre von der Herstellung und Zusammensetzung von Arzneimitteln – hat „Ad vitrum“ über Jahrhunderte hinweg einen festen Platz in der Rezeptur eingenommen. Dabei ist nicht nur die Verpackung entscheidend, sondern auch der Schutz und die Stabilität des Arzneimittels, die durch Glas gewährleistet werden können.

Ad vitrum: Herkunft und wörtliche Bedeutung

Der Begriff stammt aus dem Lateinischen. „Ad“ bedeutet „zu“ oder „in“, während „vitrum“ mit „Glas“ übersetzt wird. Die Angabe ist somit als „in Glas (abzufüllen)“ zu verstehen. Es handelt sich hierbei nicht um eine Dosierungsanweisung, sondern um eine Verpackungsvorgabe, die vor allem für Apotheken und pharmazeutische Hersteller von Bedeutung ist.

Warum Glas? – Vorteile und Einsatzgebiete von Ad vitrum

Glasbehältnisse bieten zahlreiche Vorteile, weshalb die entsprechende Angabe insbesondere bei empfindlichen Arzneimitteln sinnvoll ist:

  • Chemische Stabilität: Glas ist inert und reagiert nicht mit dem Arzneistoff.
  • Barriereeigenschaft: Es schützt zuverlässig vor Sauerstoff, Feuchtigkeit und Licht (bei Braunglas).
  • Sterilisierbarkeit: Glas kann unter hoher Temperatur sterilisiert werden, was für viele Präparate unabdingbar ist.

Diese Eigenschaften machen Glas zur bevorzugten Wahl bei Zubereitungen, die empfindlich oder besonders reinheitsbedürftig sind. Dazu zählen unter anderem Augentropfen, Injektionslösungen, Tinkturen oder flüssige Antibiotika.

Anwendungsbeispiele

Die Angabe Ad vitrum findet sich in der Regel auf Rezepten, insbesondere bei der Herstellung individueller Arzneimittel in Apotheken. Sie wird beispielsweise verwendet, wenn:

  • eine Lösung oder Suspension hergestellt wird, die lichtempfindlich ist.
  • die Substanz mit Kunststoffbehältern reagieren könnte.
  • besondere Anforderungen an die Aufbewahrung gestellt werden (z. B. Autoklavierbarkeit).

Im Rahmen der Arzneimittelverordnung ist es von großer Bedeutung, dass diese Vorgabe exakt beachtet wird, da sonst die Qualität und Wirksamkeit des Medikaments beeinträchtigt werden können.

Ad vitrum im pharmazeutischen Kontext

In der heutigen industriellen Arzneimittelherstellung wird Glas nicht mehr ausschließlich verwendet, da auch moderne Kunststoffe viele Anforderungen erfüllen können. Dennoch bleibt Ad vitrum in der magistralen Rezeptur sowie im klinischen Bereich von Relevanz. Gerade bei der Herstellung patientenindividueller Zubereitungen durch Krankenhausapotheken oder auf ärztliche Anweisung hin, ist Glas nach wie vor das bevorzugte Verpackungsmaterial.

In Lehrbüchern der pharmazeutischen Technologie und in der Apothekerausbildung wird Ad vitrum als klassische Rezepturvorgabe gelehrt. Es ist ein typisches Beispiel dafür, wie sich medizinisch-pharmazeutische Traditionen mit moderner Technik verbinden lassen.

Wann ist die Angabe Ad vitrum heute noch relevant?

Trotz der wachsenden Bedeutung von Kunststoffbehältnissen bleibt die Glasabfüllung aus bestimmten Gründen unerlässlich:

  • bei allergiegefährdeten Patienten, um Wechselwirkungen mit Weichmachern zu vermeiden,

  • bei hochwirksamen oder lichtempfindlichen Wirkstoffen,

  • in der pädiatrischen und onkologischen Pharmazie, bei der höchste Reinheit erforderlich ist.

Fazit: Ad vitrum als bewährte Angabe in der pharmazeutischen Praxis

Die Angabe Ad vitrum ist mehr als eine historische Formel. Sie spiegelt das fundierte pharmazeutische Wissen über Materialverträglichkeit, Arzneimittelsicherheit und hygienische Anforderungen wider. Auch in einer Zeit moderner Verpackungstechnologien behält Glas seine Bedeutung – nicht zuletzt durch seine hervorragenden Schutzeigenschaften gegenüber äußeren Einflüssen. Wer eine solche Angabe auf einem Rezept liest, sollte sie keineswegs als veraltet abtun, sondern als Hinweis auf die besondere Empfindlichkeit und Qualität des betreffenden Arzneimittels verstehen.

Quellen

  • Fuchs P, Schewe H. Pharmazeutische Technologie: Grundlagen und Anwendung. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2021.
  • Voigt R. Pharmazeutische Technologie. 12. Aufl. Stuttgart: Deutscher Apotheker Verlag; 2018.
  • Augsburger LL, Hoag SW. Pharmaceutical Dosage Forms and Drug Delivery Systems. 11th ed. Philadelphia: Lippincott Williams & Wilkins; 2020.
  • Ansel HC, Allen LV. Pharmaceutical Dosage Forms and Drug Delivery Systems. 10th ed. Baltimore: Lippincott Williams & Wilkins; 2013.
  • Lehrbuch der pharmazeutischen Technologie. Hrsg. von Bauer KH, Frömming KH, Führer C. 9. Aufl. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2012.